Ankommen ist fast alles

Ich habe es geschafft! Nach 4:07:52 war ich endlich im Ziel. Und tatsächlich erst einmal enttäuscht. Denn dass ich den Marathon schaffen würde, daran hatte ich nie einen Zweifel. Allerdings habe ich mit der Zeit mein selbstgestecktes Ziel von 3:50h doch schon ganz gut verfehlt. Auch unter 4h bin ich nicht gelaufen. Aber heute, einen Tag nach dem Lauf, überwiegt die Freude, angekommen zu sein und bis zum Ziel durchgehalten zu haben. Aber der Reihe nach.

Am Samstag bin ich bereits mit meiner Familie nach Plön gefahren, um nicht morgens in aller Frühe aus Hamburg losfahren zu müssen und sich bereits vorher mit den Gegebenheiten vor Ort etwas vertraut zu machen. Denn ich möchte mich immer vorher schon einmal umschauen, um nicht evtl. in Zeitdruck zu geraten. Also wo sind Parkplätze, wo gibt es die Startnummern, wo sind Toiletten, Umkleiden und Duschen. Gibt es noch ggf. Änderungen am Ablauf. All diese Dinge kläre ich lieber zu früh als zu spät. Deswegen hatte ich mich auch schon im Frühling angemeldet und die Unterkunft gebucht. Nach einem kleinen Bummel durch Plön, waren all die Punkte geklärt und es konnte losgehen. Früh ins Bett und früh wieder aufstehen war angesagt.

Nach einer mäßigen Nacht in der Jugendherberge lief zunächst alles wie gewünscht. Wir waren pünktlich am Start und ich konnte mich in Ruhe aufwärmen. Bei gut 12°C und leichtem Wind war es aber relativ kühl im Vergleich zu den letzten Wochen, bzw. Monaten, in denen ich bei teilweise deutlich über 30°C trainiert hatte. Mit nur gut 15 Minuten Aufwärmen + Dehnen war das wohl etwas zu kurz.

Mit kurzer Hose und kurzen Shirt, sowie Sonnencap und Sonnenbrille war ich an den Start gegangen, der auch ziemlich pünktlich dann vonstatten ging. Kaum war der Start erfolgt spürte ich allerdings in meiner rechten Wade ein leichtes Zwicken, welches ich zunächst nicht so richtig einordnen konnte. So etwas hatte ich in der ganzen Vorbereitung nicht einmal gehabt. War es vielleicht doch zu kalt, bzw. war ich zu dünn angezogen? Nun ja, ich lief erstmal wie geplant weiter. Am Anfang hielt ich mich noch zurück, denn das Schlimmste ist ja, sich gleich am Anfang zu übernehmen und dann später keine Reserven mehr zu haben.

Bis Kilometer 15 ging dieser Plan auch perfekt auf. Ich lief konstant meinen angepeilten Schnitt von ca. 5:25/km und hatte keinerlei Probleme, bis auf eben das leichte Wadenzwicken. Dann allerdings wurde es schon schwieriger. Ich merkte, dass ich zwar von der Kondition gut drauf war, jedoch meine Beine nicht mehr das Tempo gehen mochten. Bis Kilometer 25 hatte ich dennoch meine avisierte Zeit im Blick. Danach wurde ich jedoch kontinuierlich langsamer. Ich merkte, dass mein Puls immer geringer wurde, ich aber wirklich nicht schneller laufen konnte. Mittlerweile machten sich beide Waden deutlich bemerkbar und ließen ein schnelleres Laufen schlicht nicht mehr zu. Ich versuchte daraufhin einfach mein Trainingstempo zu laufen, um wieder ein konstantes Tempo zu erreichen.

Ab Kilometer 32 wurde ich dann von den ersten Läufern eingeholt, die ich bereits am Anfang überrundet hatte und auf die ich zwischenzeitlich schätzungsweise mehrere Minuten Vorsprung hatte. Nach Kilometer 35 ging dann wirklich gar nichts mehr. Ich hatte Krämpfe in beiden Waden und musste mehrfach stehen bleiben und mich dehnen. Der Rest der Strecke geriet damit zur Qual. Spätestens ab diesem Zeitpunkt überlegte ich, ob es nicht sinnvoller wäre, auszusteigen. Denn mit Krämpfen kann man ja nicht wirklich gut laufen. Aber weil mich meine Familie die ganze Strecke über begleitet hatte und immer wieder am Straßenrand auftauchte und mich anfeuerte, wollte ich unbedingt durchhalten. Ich sah die leuchtenden Augen meiner Kinder und wusste, dass ich den Lauf irgendwie zu Ende bringen musste.

Letzten Endes habe ich mich mehr gehend als laufend ins Ziel gerettet (ich muss es leider so sagen), aber ich habe es geschafft. Danach war ich so platt, dass mir die Hänge zitterten und ich mich erstmal setzen musste. Trinken konnte ich zwar, aber ein Stück Banane war noch nicht drin. Die Idee, sich nach dem Lauf direkt vor Ort massieren zu lassen finde ich großartig. Allerdings hatte alle drei geplanten Physios wegen Krankheit abgesagt. Daraufhin habe ich es bei Rettungssanitätern versucht, die es gut gemacht haben, aber eben doch keine Masseure sind.

Nun, wie kam es, dass ich entgegen aller Trainingsvorbereitung, nicht die Kraft hatte, den Lauf wie geplant zu laufen? Ich denke, dass es ein paar Dinge sind, die zusammenkamen.

  1. Es war beim Lauf relativ kalt, im Gegensatz zu allen Trainingseinheiten, die ich in den Monaten zuvor gemacht hatte. Dieser Sommer war extrem warm und ich glaube, dass ich keine einzige Trainingseinheit bei unter 20°C absolviert habe. Vielleicht war mein Aufwärmprogramm dafür zu kurz. Mag sein, dass eine knappe Viertelstunde warm laufen nicht genügt haben, oder ich einfach zu langsam war, so dass meine Muskeln nicht ausreichend aufgewärmt waren. Allerdings hatte ich nicht das Gefühl schwer in den Lauf reinzukommen, was für mich immer auf mangelndes Aufwärmen zurückzuführen ist. Ein Gefühl, was ich manchmal habe und das erst nach so gut zehn Minuten Einlaufen vergeht.
  2. Für die kühlen, aber eigentlich optimalen Temperaturen von 12-17°C war ich dann vielleicht zu dünn angezogen. Ich werde mal schauen, ob ich meine Trainingsausrüstung noch um ein paar lange Laufsocken oder/und ganz dünne, lange Trainingshosen erweitern werde.
  3. Das Profil des Laufs ist relativ flach, allerdings gibt es zwischendurch immer wieder kurze, giftige Anstiege, die mich doch ein zweimal geärgert haben. Hier fehlte es mir vielleicht einfach ein bisschen an Tempohärte. Natürlich standen auch in meiner Vorbereitung Steigerungsläufe und Intervalltraining auf dem Programm, aber evtl. nicht ausreichend. Das muss ich mir nochmal in meinem Lauftagebuch anschauen. Dann kann ich abschätzen, wie hoch der Anteil an solchen Läufen gewesen ist.
  4. Ich denke hingegen nicht, dass ich zu wenig Flüssigkeit zu mir genommen habe. Es gab auf der gesamten Strecke 9 Wasserstationen und an jeder habe ich einen Becher (ca. 0,2l) Wasser getrunken. Und vor dem Lauf hatte ich schätzungsweise einen dreiviertel Liter getrunken. Auch hatte ich 4x Powergel und 4x Traubenzucker dabei. Die Menge empfand ich zumindest als ausreichend. Insgesamt habe ich gut 3100kcal während des Laufs verbraucht.

Ich bin aber immer noch einfach froh und zufrieden, dass ich den Lauf nicht abgebrochen, sondern mit dem Zieleinlauf beendet habe. Hier zählt dann doch der olympische Gedanke, dass Dabeisein eben alles ist. Außerdem muss ich noch positiv hervorheben, dass der Lauf super organisiert war. Die Strecke war sehr gut markiert (was bei kleineren Läufen durchaus nicht immer so gut ist), die Polizei hat für die Läufer jeweils kurzfristig die Bundesstraße gesperrt, es gab ausreichend Wasserstationen und Verpflegung und die Organisatoren haben auf überflüssige Mitgebsel in überdimensionierten Plastiktüten verzichtet (in denen zumeist nur Werbung und eine Packung Duschgel o.ä ist). Und landschaftlich war der Lauf auch eine echte Augenweide. Alles in allem kann ich den Lauf nur empfehlen und werde vielleicht eines Tages wieder dabei sein. Sicher nicht nächstes Jahr, aber vielleicht wann anders. Mal sehen.

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